Bild: Mitarbeiter des DRK Rheinhessen-Nahe stehen vor Rettungsfahrzeugen

Deutsches Rotes Kreuz Rheinhessen-Nahe "Wir wollen, dass unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bis zur Rente durchhalten."

"Ich hätte nie gedacht, dass ich das noch erleben darf!" kommentiert ein 60-jähriger Rettungssanitäter die Tatsache, dass er jetzt mit deutlich geringerer körperlicher Belastung seine Tätigkeit ausüben kann. Statt kranke oder verletzte Personen zu heben und zu tragen, setzen er und sein Kollegium Transporthilfsmittel ein. So nehmen sie Rücksicht auf ihren Rücken. Mit einem umfassend und auf mehrere Jahre angelegten Maßnahmenpaket rückte der DRK dem Gesundheitsrisiko Nummer 1 in Rettungsdiensten zu Leibe. "Wir wollen, dass unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bis zur Rente durchhalten", erklärt DRK-Unternehmenssprecher Philipp Köhler. "Und Muskel-Skelett-Erkrankungen stellen eines der größten Gesundheitsrisiken für Rettungssanitäter dar."

Eckdaten
  • Rettungsdienst
  • Dienstleistungen: Notfallversorgung (Notfallrettung, Krankentransport und Intensivtransporte)
  • Anzahl der Einsätze/ Jahr: 120.000
  • Anzahl der Beschäftigten in Voll- und Teilzeit: 750 Notfallsanitäterinnen und -sanitäter, Rettungsassistenten und -assistentinnen sowie Verwaltungskräfte in 18 Rettungswachen, 4 Notarztstandorten, zwei Leitstellen
  • Standort: Mainz/Rheinland-Pfalz
  • www.drk-rhein-nahe.de
  • Ansprechpartner: Philipp Köhler, Unternehmenskommunikation, philip.koehler@drk-rhein-nahe.de
  • Was wurde bewegt? Ausstattung der Rettungs- und Krankenwagen mit Hilfsmitteln und Umsetzung einer Informationsstrategie zur Nutzung der Hilfsmittel

Wie bekomme ich alle mit ins Boot?

Die Unternehmensleitung ist fest entschlossen

"Im Rahmen einer Gefährdungsbeurteilung befragten wir 2013 unsere 750 Beschäftigten nach ihrem Befinden und ihren Wünschen", berichtet Philipp Köhler, Unternehmenssprecher des Rettungsdienstes. Die Ergebnisse ergaben, dass eine hohe Belastung durch schweres Heben und Tragen vorlag und eine flächendeckende Einführung von Hilfsmitteln gewünscht wurde. Die Leitung des DRK Rheinhessen Nahe reagierte prompt und setzte ein umfassendes Programm zum Schutz vor MSE um – bestehend aus technischen, organisatorischen und personenbezogenen Maßnahmen.

Beschäftigte sind eingebunden

2014 analysierte der Rettungsdienst unter welchen Bedingungen und mit welchen Arbeitsmitteln die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Hebe- und Tragetätigkeiten ausführten. Anschließend wurden vorhandene Rettungshilfsmittel bewertet, aussortiert und neue angeschafft. Begleitend fanden für alle Beschäftigten – Verwaltungs- wie Rettungsfachkräfte – Schulungen zum gesunden Arbeiten statt. „Als Hingucker und zur Erinnerung hingen wir in unseren 18 Rettungswachen Plakate aus“, berichtet Philipp Köhler. Die Plakate zeigen Kolleginnen und Kollegen, in rückenbelastenden Situationen. Auf allen Plakaten prangt der Schriftzug: „Dein Rücken! Kapiert?!“, um den Betrachtenden in Erinnerung zu rufen, auf sich und ihren Rücken zu achten. Der Clou: Auf den Plakaten waren die eigenen DRK-Kolleginnen und Kollegen zu sehen. Für das Fotoshooting hatten sich Beschäftigte aus den eigenen Reihen zur Verfügung gestellt.

Wie schaffe ich die notwendigen Voraussetzungen?

Zeit, Geld, Material und Personal bereitstellen

Das DRK investierte in den vergangenen Jahren insbesondere in die flächendeckende Ausstattung aller Fahrzeuge mit Hilfsmitteln: Seit 2016 verfügen alle 70 Rettungs- und Krankentransportwagen über ein Schwerlastbergetuch, ein Spine- und Rollboard, außerdem wurden 2017 sieben alte Fahrzeuge durch sieben neue ersetzt, ausgestattet mit einem elektrischen, mobilen Treppensteiger: Patientinnen und Patienten werden jetzt nicht mehr über mehrere Stockwerke oder enge Treppenfluchten getragen, sie werden mit deutlich geringerem Kraftaufwand transportiert.

Wie ermutige ich andere zu Veränderungen?

Es gibt Kümmerer

In allen Dienststellen benannte die Leitung des Rettungsdienstes Gesundheitskoordinatoren. Sie vermitteln zwischen Führungsebene und Rettungsteams. Zu ihren Aufgaben gehört es, die Entscheidungen und Informationen der Geschäftsführung ins Kollegium zu tragen und – wieder retour – die Sorgen, Wünsche, Anregungen der Kolleginnen und Kollegen an die Geschäftsführung weiterzugeben.

Arbeitsverhältnisse und Arbeitsverhalten ändern

Damit alle Beschäftigten routiniert mit den neuen Transporthilfsmitteln umgehen, wurden sie in deren Anwendung geschult. Bei der Anschaffung neuer Geräte fanden – und finden – Herstellereinweisungen statt. Neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter werden eingewiesen, nach Besprechungen auf den Rettungswachen sind bei Bedarf Anwendungsübungen eingeplant. Die Anwendung der neuen Geräte wird ebenfalls auf den Gesundheitstagen des Rettungsdienstes geübt.

Wie schaffe ich ein gesundheitsförderliches Unternehmensklima?

Vorbildfunktion der Führungskräfte

Die Geschäftsführung hat mehr getan, als das Maßnahmenpaket zu planen, zu finanzieren und umzusetzen. "Es war selbstverständlich, dass unsere Geschäftsführung und unsere Leitungskräfte aktiv an allen Schulungen teilnahmen", so Philipp Köhler. Dienststellen- und Wachleitungen waren ebenfalls eingebunden. Sie agierten als Multiplikatoren, um vor Ort in Rettungswachen, an Notarztstandorten und in den Leitstellen die neuen rückenschonenden Arbeitsprozesse zu etablieren.

Was kennzeichnet nachhaltige Maßnahmen?

Einzelmaßnahmen sind in ein wirksames Konzept eingebunden

Nachdem die Ergebnisse der Mitarbeiterbefragung klar zeigten: "Achtung! Wenn wir das Risiko von Muskel-Skelett-Erkrankungen senken wollen, müssen wir handeln", entwickelte die Leitung des DRK Rheinhessen-Nahe eine komplette Präventionsstrategie mit Langzeitwirkung. "Wir haben die Hilfsmittel nicht nur angeschafft, wir haben auch sichergestellt, dass sie genutzt werden." Philipp Köhler betont, dass neue Technik und Techniken durch Schulungen, Unterweisungen, kollegialen Rat und Erinnerungsmaßnahmen begleitet werden müssen. Für Letzteres entstand auch die Idee, Poster an strategisch geeigneten Plätzen auszuhängen. Sie sollten die Rettungsteams immer wieder an die neuen Techniken erinnern. Weil die finanziellen Mittel des Rettungsdienstes begrenzt waren, machte man aus der Not eine Tugend, erzählt Köhler: „Wir haben einfach unsere eigenen Mitarbeiter gefragt, ob sie als Model zur Verfügung stehen. Das Shooting hat allen Spaß gemacht und für sensationell viel positive Aufmerksamkeit in der ganzen Belegschaft gesorgt.“