Wo das Problem liegt Erweitern Sie Ihr Wissen zu Rücken, Muskeln und Gelenken
Seit vielen Jahren sind ein Viertel aller Arbeitsunfähigkeitstage in Deutschland auf Beschwerden in Rücken, Muskeln und Gelenken zurückzuführen. Sie machen sowohl bei Männern als auch bei Frauen einen Großteil der Krankschreibungen in Deutschland aus. Das zeigen die Daten des Fehlzeiten-Reports 2019 vom Wissenschaftlichen Institut der AOK (WIdO).
Die Folgen für Unternehmen und Beschäftigte sind gravierend: Krankheiten des Muskel-Skelett-Systems können die Lebensqualität und Arbeitsfähigkeit eines Menschen stark beeinträchtigen. Sie sind die zweithäufigste Ursache für einen vorzeitigen Eintritt in den Ruhestand und damit eine Belastung für die gesamte Arbeitswelt.
Fallen Beschäftigte krankheitsbedingt aus, müssen ihre Arbeitskolleginnen und -kollegen zusätzliche Aufgaben übernehmen. Unternehmen spüren die finanziellen Auswirkungen durch Produktivitätseinbußen, Terminverzug und Lohnfortzahlung im Krankheitsfall.
Der Arbeitsplatz ist ein möglicher Risikofaktor
Muskel-Skelett-Erkrankungen (MSE) können zu einem erheblichen Anteil auf Belastungen am Arbeitsplatz zurückgeführt werden. Dabei ist körperliche Beanspruchung an sich nicht schädlich. Im Gegenteil: Unser Körper benötigt ein gesundes Maß davon. Tritt eine Belastung jedoch einseitig oder über einen längeren Zeitraum erhöht auf, kann sie das Muskel-Skelett-System in Mitleidenschaft ziehen.
Muskel-Skelett-Erkrankungen (MSE) sind Beeinträchtigungen und Schädigungen von Körperstrukturen wie Muskeln, Gelenken, Sehnen, Bändern, Nerven, Knorpeln und Knochen. Werden MSE hauptsächlich durch Arbeit und die Auswirkungen des unmittelbaren Arbeitsumfelds verursacht oder verschlimmert, werden sie als arbeitsbedingte MSE bezeichnet.
Befragungen zeigen: Viele Erwerbstätige müssen nach wie vor am Arbeitsplatz körperlich herausfordernde Arbeiten ausführen. Etwa jede vierte bis fünfte Person trägt oder hebt häufig schwere Lasten. Knapp jede zweite bis fünfte arbeitet häufig in der Hocke, auf den Knien oder gebückt. An fast jedem zweiten Arbeitsplatz wird überwiegend mit den Händen gearbeitet. Und das entweder in einer hohen Taktzahl oder mit größerem Kraftaufwand.
In vielen Berufen gehören erhöhte, einseitige oder lange Belastungen durch erzwungene Körperhaltungen, durch das Heben, Halten oder Tragen von Lasten oder durch gleichförmige, sich wiederholende Bewegungsabläufe zur täglichen Herausforderung.
Eine Auswahl zeigt, welche Beschwerden diese in Rücken, Muskeln und Gelenken hervorrufen können:
Das Heben, Halten und Tragen von Lasten, ob beim Möbeltransport oder in Pflege und Betreuung, kann die Bandscheiben der Hals- und Lendenwirbelsäule schädigen und zu einer Arthrose im Hüftgelenk führen.
Arbeiten in ungünstigen Körperhaltungen, wie beispielsweise Überkopfarbeiten, können ein Schulter-Arm-Syndrom verursachen. Langandauernde Körpervorbeugung führt oft zu Rückenschmerzen. Zwangshaltungen in bodennahen Tätigkeiten, wie Fliesenlegen begünstigen Arthrosen im Kniegelenk, Meniskusschäden und Schleimbeutelentzündungen.
Sich ständig wiederholende Bewegungen mit den Händen, zum Beispiel am Kassenarbeitsplatz oder an der Werkbank, begünstigen Entzündungen der Sehnenscheiden.
Was oft nicht bekannt ist: Psychische Belastungen können ebenfalls Schmerzen im Muskel-Skelett-System auslösen. Dabei haben Faktoren Einfluss wie
- ein negatives Betriebsklima,
- Zeitdruck und hohe Arbeitsintensität
- Monotonie und wenig Gestaltungsspielraum oder
- wenig Handlungs- und Entscheidungsfreiheit.
Gerade der psychische Aspekt ist nicht zu unterschätzen. Arbeits- und Lebenszufriedenheit haben einen erheblichen Einfluss auf unsere Schmerzanfälligkeit. Studien haben gezeigt, dass die subjektive Wahrnehmung, wie „schwer“ oder „leicht“ eine Arbeit ist, die objektive Belastung beeinflusst. Auch der Umgang mit dem Schmerz hängt von der inneren Einstellung ab: Wenn ich das Gefühl habe, etwas dagegen tun zu können, nehme ich Schmerzen anders wahr, als wenn ich mich ihnen hilflos ausgeliefert fühle.
Das Alter spielt eine Rolle
Je älter die Belegschaften, desto häufiger kommt es zu Fehltagen durch Arbeitsunfähigkeit. Das zeigen Daten aus dem BKK-Gesundheitsreport 2019. Mit zunehmendem Alter der Beschäftigten sind dafür psychische Störungen und Erkrankungen des Muskel-Skelett-Systems verantwortlich. Ab dem 40. Lebensjahr sind MSE der Hauptgrund für auftretende Arbeitsunfähigkeit.