Zwangshaltung Knien
Das Kniegelenk kann eine Menge aushalten, es ist sehr robust und doch anfällig für Verletzungen und Verschleiß. Insbesondere Zwangshaltungen wie einseitiges oder beidseitiges Knien, das Arbeiten in der Hocke, der Fersensitz sowie das Kriechen im Vierfüßler-Gang belasten die Kniegelenke. Je häufiger wir knien oder in die Hocke gehen müssen, desto schneller können die Gelenke sich abnutzen.
Wann spricht man von einer Gefährdung?
Die Höhe der körperlichen Belastung durch Tätigkeiten im Knien, Hocken, im Fersensitz oder im Kriechen hängt von der Dauer der erzwungenen Körperhaltung, möglichen Unterbrechungen oder Belastungswechseln ab. Die Belastung verstärkt sich, wenn gleichzeitig Kraft aus den Kniegelenken aufgebracht werden muss. Da die Gefährdung durch eine Vielzahl von Faktoren bestimmt wird, kommt es darauf an, wie stark die einzelnen Faktoren ausgeprägt sind.
Wegen der Vielzahl der relevanten Faktoren wird die Gefährdung mit der Leitmerkmalmethode "Körperzwangshaltungen" bewertet, die alle diese Faktoren berücksichtigt. Es liegt immer dann eine wesentlich erhöhte oder hohe körperliche Belastung vor, wenn nach der Leitmerkmalmethode der Risikobereich 3 oder 4 erreicht wird. Im Einzelfall, z. B. bei Menschen mit Vorerkrankungen des Muskel-Skelett-Systems, kann schon dann eine Gefährdung vorliegen, wenn der Risikobereich 2 erreicht ist.
Welche Beschwerden können auftreten?
Bei Beschäftigten, die mehr als eine Stunde täglich im Knien arbeiten, kann es nach vielen Jahren zu einer Arthrose der Kniegelenke kommen. Muss beim Knien gleichzeitig Kraft aus den Kniegelenken aufgewendet werden, und das regelmäßig, in erheblichen Arbeitszeitanteilen und über einen längeren Zeitraum, kann das den Innenmeniskus schädigen.
Durch den Druck auf die Kniescheibe beim Knien oder Kriechen sind auch Entzündungen der dort vorhandenen Schleimbeutel möglich. Genauso kann der Peronaeus-Nerv, ein relativ oberflächlich verlaufender Nerv im Bereich des Wadenbeinkopfes, durch wiederholte mechanische Einwirkungen und Druck geschädigt werden. Im schlimmsten Fall treten Muskellähmungen in den Unterschenkeln oder Füßen auf, die sich meistens aber zurückbilden.
Handlungsempfehlungen
- Stellen Sie sicher, dass die Gefährdungsbeurteilung von einer fachkundigen Person durchgeführt wird.
- Erfassen Sie bei der Gefährdungsbeurteilung Körperhaltung und Dauer der Belastung.
- Betrachten Sie die Arbeitsbedingungen genau, zum Beispiel die Möglichkeit von Pausen und den Wechsel der Körperhaltung, Arbeitsmittel und Bewegungsräume. Nutzen Sie für die Gefährdungsbeurteilung die Leitmerkmalmethode „Körperzwangshaltungen“.
- Gestalten Sie Arbeitsplätze und Tätigkeiten so, dass lang andauerndes Knien, Hocken oder Arbeiten im Fersensitz oder im Kriechen vermieden wird.
- Binden Sie bei der Gestaltung des Arbeitsplatzes und der Tätigkeit Ihre Sicherheitsfachkraft und Ihre Betriebsärztin oder Ihren Betriebsarzt ein.
- Planen Sie einen regelmäßigen Wechsel der Tätigkeiten und Körperhaltungen ein, um einseitige Belastungen zu vermeiden.
- Stellen Sie den Betroffenen Persönliche Schutzausrüstung zur Verfügung wie Kniepolster, Knieschoner, Kniekissen oder Knieprotektoren.
- Unterweisen Sie Ihre Beschäftigten regelmäßig, wie sie Zwangshaltungen durch den Einsatz ergonomischer Hilfsmittel vermeiden können und wie die persönliche Schutzausrüstung zu nutzen ist.
- Ermöglichen Sie Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die lang andauernd kniend, hockend, im Fersensitz oder im Kriechen arbeiten müssen, ausreichende Pausen.
- Gehen Sie als Führungskraft mit gutem Beispiel voran.
- Arbeitsmedizinische Vorsorge: Liegt eine wesentlich erhöhte Belastung durch Arbeiten im ein- oder beidseitigen Knien ohne oder mit Abstützen des Körpers durch die Arme, im ein- oder beidseitigen Fersensitz, im ein- oder beidseitigen Hocken oder im Kriechen vor, müssen Sie Ihren Beschäftigten arbeitsmedizinische Vorsorge schriftlich oder persönlich anbieten (Angebotsvorsorge). Eine wesentlicher erhöhte Belastung liegt vor, wenn die Leitmerkmalmethode "Körperzwangshaltungen" einen Punktwert im Risikobereich 3 oder 4 ergibt.
- Tragen Sie Ihre persönliche Schutzausrüstung wie Kniepolster, Knieschoner, Kniekissen oder Knieprotektoren immer, wenn Sie im Knien arbeiten.
- Verwenden Sie den Knieschutz auch bei einem kurzzeitigen Arbeitseinsatz.
- Handeln Sie so, wie Sie es in den Unterweisungen und Einweisungen gelernt haben.
- Halten Sie Pausen und Arbeitszeiten ein.
- Nehmen Sie die arbeitsmedizinische Vorsorge wahr.
- Achten Sie beim Knien darauf, dass kein zusätzlicher Druck auf die Kniegelenke ausgeübt wird, zum Beispiel durch auf dem Boden liegende Gegenstände.
- Vermeiden Sie es, sich über längere Strecken im sogenannten „Entengang“ oder im Vierfüßler-Gang fortzubewegen.
- Schaffen Sie in Ihrer Freizeit einen Ausgleich zu Ihrer Tätigkeit. Verzichten Sie möglichst auf kniebelastende Sportarten wie Fuß- oder Handball, Skilaufen, Ski-Springen oder Slalom.
- Leben Sie gesund und optimieren Sie Ihr Gewicht. Übergewicht erhöht das Risiko einer Arthrose deutlich.
- Berufskrankheiten-Verordnung (BKV): Die Verordnung beschreibt in Verbindung mit den Merkblättern zu den Berufskrankheiten 2102, 2105 und 2112 die Anerkennungsvoraussetzungen für Schäden durch kniende Tätigkeiten.
- Verordnung zur arbeitsmedizinischen Vorsorge (ArbMedVV): Die Verordnung schreibt vor, dass Arbeitgeber und Arbeitgeberinnen den Beschäftigten bei wesentlich erhöhten körperlichen Belastungen durch Ziehen und Schieben von Lasten die mit Gesundheitsgefährdungen für das Muskel-Skelett-System verbunden sind, arbeitsmedizinische Vorsorge anbieten müssen (Angebotsvorsorge).
- Arbeitsmedizinische Regel (AMR) 13.2: Sie konkretisiert, wann Ziehen und Schieben von Lasten eine wesentlich erhöhte körperliche Belastung darstellt und eine arbeitsmedizinische Vorsorge anzubieten ist (Angebotsvorsorge).