Erzwungene Rumpfbeuge
Zwangshaltungen mit erzwungener Rumpfbeuge und genauso lang andauerndes Drehen des Rumpfes sind deutlich anders zu betrachten als die Ruhepositionen im aufrechten Stehen oder Sitzen.
Wann spricht man von einer Gefährdung?
Die Höhe der körperlichen Belastung hängt vom Ausmaß und der Dauer der erzwungenen Rumpfbeuge sowie von möglichen Unterbrechungen und Belastungswechseln ab. Da die Gefährdung durch eine Vielzahl von Faktoren bestimmt wird, kommt es auf die Ausprägung der einzelnen Faktoren an.
Wegen der Vielzahl der relevanten Faktoren wird die Gefährdung mit der Leitmerkmalmethode "Körperzwangshaltungen" bewertet, die alle diese Faktoren berücksichtigt. Es liegt immer dann eine wesentlich erhöhte oder hohe körperliche Belastung vor, wenn nach der Leitmerkmalmethode der Risikobereich 3 oder 4 erreicht wird. Im Einzelfall, zum Beispiel bei Menschen mit Vorerkrankungen des Muskel-Skelett-Systems, kann schon dann eine Gefährdung vorliegen, wenn der Risikobereich 2 erreicht ist.
Welche Beschwerden können auftreten?
Die erzwungene Rumpfbeuge führt einer hohen statischen Beanspruchung der Muskulatur, wodurch es zu einer unzureichenden Sauerstoffversorgung der entsprechenden Muskelbereiche kommen kann. Mögliche Folgen sind eine Muskelermüdung und schmerzhafte Muskelverspannungen in Rücken, Schulter, Armen oder Beinen, die die Leistungsfähigkeit einschränken. Insbesondere die Lendenwirbelsäule und die Hüftgelenke werden bei der Rumpfbeuge stark belastet. Wird diese Tätigkeit über lange Zeiträume ausgeübt, kann sie insbesondere im unteren Rückenbereich schmerzhafte funktionelle Einschränkungen auslösen oder verstärken. Unter bestimmten Voraussetzungen sind auch Bandscheibenschäden der Lendenwirbelsäule möglich, die ggf. als Berufskrankheit anerkannt werden können. Darüber hinaus können Arbeiten in langdauernder Rumpfbeuge zu Herz-Kreislauf-Beschwerden führen.
Handlungsempfehlungen
- Stellen Sie sicher, dass die Gefährdungsbeurteilung von einer fachkundigen Person durchgeführt wird.
- Erfassen Sie bei der Gefährdungsbeurteilung Körperhaltung und Dauer der Belastung.
- Betrachten Sie die Arbeitsbedingungen genau, zum Beispiel die Möglichkeiten von Pausen und den Wechsel der Körperhaltung, Arbeitsmittel und Bewegungsräume. Nutzen Sie für die Gefährdungsbeurteilung die Leitmerkmalmethode „Körperzwangshaltungen“.
- Gestalten Sie Arbeitsplätze und Tätigkeiten so, dass langdauernde Tätigkeiten in Rumpfbeuge möglichst vermieden werden.
- Binden Sie bei der Gestaltung des Arbeitsplatzes und der Tätigkeit Ihre Sicherheitsfachkraft und Ihre Betriebsärztin oder Ihren Betriebsarzt ein.
- Prüfen Sie, ob Sie Hilfsmittel einsetzen können, die das Arbeiten in aufrechter Körperhaltung ermöglichen.
- Planen Sie einen regelmäßigen Wechsel der Tätigkeiten und Körperhaltungen ein, um einseitige Belastungen zu vermeiden.
- Unterweisen Sie Ihre Beschäftigten regelmäßig, wie sie Zwangshaltungen vermeiden können.
- Ermöglichen Sie Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die in langdauernder Rumpfbeuge arbeiten müssen, ausreichende Pausen.
- Gehen Sie als Führungskraft mit gutem Beispiel voran!
- Arbeitsmedizinische Vorsorge: Liegt eine wesentlich erhöhte Belastung durch Arbeiten in Rumpfbeuge vor, müssen Sie Ihren Beschäftigten arbeitsmedizinische Vorsorge schriftlich und persönlich anbieten (Angebotsvorsorge). Eine wesentlich erhöhte Belastung liegt vor, wenn die Leitmerkmalmethode "Körperzwangshaltungen" einen Punktwert im Risikobereich 3 oder 4 ergibt.
- Vermeiden Sie ein Arbeiten mit gebeugtem Rumpf über längere Zeit.
- Nutzen Sie die vorhandenen Präventionsangebote Ihres Betriebs.
- Handeln Sie so, wie Sie es in den Unterweisungen und Einweisungen gelernt haben.
- Halten Sie die Pausen ein.
- Versuchen Sie, die Tätigkeiten abwechslungsreich zu gestalten.
- Nehmen Sie die arbeitsmedizinische Vorsorge wahr.
- Trainieren Sie Ihre Rumpfmuskulatur und machen Sie Ausgleichsgymnastik.
- Verordnung zur arbeitsmedizinischen Vorsorge (ArMedVV): Die Verordnung schreibt vor, dass Arbeitgeber und Arbeitgeberin den Beschäftigten bei wesentlich erhöhten körperlichen Belastungen durch Arbeiten in Rumpfbeuge, die mit Gesundheitsgefährdungen für das Muskel-Skelett-System verbunden sind, arbeitsmedizinische Vorsorge anbieten müssen (Angebotsvorsorge).
- Arbeitsmedizinische Regel (ARM)13.2: Sie konkretisiert, wann Arbeiten in Rumpfbeuge eine wesentlich erhöhte körperliche Belastung darstellen und eine arbeitsmedizinische Vorsorge anzubieten ist (Angebotsvorsorge).
- Berufskrankheiten-Verordnung (BKV) und im Merkblatt der Berufskrankheit 2108 sind die Anerkennungsvoraussetzungen für Bandscheibenschäden der Lendenwirbelsäule festgelegt